Zielgerichteter Behaviorismus
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Tolmans bekanntestes Buch erschien 1932 unter dem Titel “Purposive Behavior in Animals and Men”. Darin vermittelte er seine Auffassung, daß “mentale Prozesse sehr nützlich sind, um als dynamische Aspekte oder Determinanten des Verhaltens aufgefaßt zu werden, [...] als funktionale Variablen, die in der Kausalgleichung zwischen Umweltreizen und initialen physiologischen Prozessen oder Erregungen auf der einen Seite und dem beobachtbaren Verhalten auf der anderen Seite vermitteln” (1932, S. 2). Für Tolman waren zielgerichtete kognitive Prozesse die Determinanten des Verhaltens, die solange bestehen bleiben, bis die angestrebte Situation erreicht war, und die objektiv und funktional definiert werden müssen, um dem Anspruch eines wissenschaftlichen Systems gerecht zu werden.

Tolman definierte Kognitionen als Erwartungen, welche die Beziehungen zwischen Zeichen und Bezeichnetem vermittelten. Gemeint sind damit kognitive Inhalte der Form: “Wenn s auftritt, dann zeige Reaktion r, um Ziel z zu erreichen”. Unter Zeichen verstand Tolman aber keineswegs Hinweisreize, sondern Empfindungen (sensations), wie sie aus der Psychophysik bekannt waren. Das Bezeichnete stellte dagegen das Ziel des Verhaltens dar.

Erwartungen konnte man nach Tolman wiederum in

Mittel-Ziel-Bereitschaften und

Zeichen-Gestalt-Erwartungen

einteilen.

Während Mittel-Ziel-Bereitschaften als von Erbanlagen und Erfahrungen abhängig konzipiert waren, sollten Zeichen-Gestalt-Erwartungen unter dem Einfluß der gegenwärtigen Situation stehen, in der sich der Organismus befand. Spence (1942) faßte in seiner Beschreibung dieser Theorie die Zeichen-Gestalt-Erwartungen als S-S-Assoziationen auf, eine Interpretation, die Tolman selbst ablehnte. Für ihn war diese Art von Erwartung eine Gestalt mit instrumenteller Bedeutung und nicht nur ein sensorisch-perzeptuelles Muster. An dieser Auffassung ist erkennbar, daß Tolman stark durch die Gestalttheorie beeinflußt wurde, deren Erkenntnisse er in seine Verhaltenstheorie zu integrieren bemüht war.

Neben den beiden Verhaltendeterminanten der Mittel-Ziel-Bereitschaften und der Zeichen-Gestat-Erwartungen postulierte Tolman die Konzepte der “capacities” und “behavior-adjustments”. Unter “capacities” verstand er Fähigkeiten und Fertigkeiten des Organismus, die von Erbanlagen oder von Lernen aus Erfahrung herrührten. Zu ihnen gehörten “manipulanda capacities” (die Fähigkeit, die Eigenschaften eines Objektes zu erkennen, um es bewegen zu können), “discriminanda capacities” (die Fähigkeit, die Eigenschaften von Objekten zu erkennen, um sie unterscheiden zu können), “means-end-capacities” (die Fähigkeit, mit Mittel-Ziel-Beziehungen umgehen zu können oder sie erwarten zu können), “retentivity” (Gedächtnis), “ consciousness-ability”, “ideation-ability”, “creativity” und “behavior-adjustment” / “vicarious-trial-and-error” (stellvertretendes Probieren, das Tolman als objektives Korrelation von Bewußtsein auffaßte). Diese Konzepte oder, wie er sie nannte, intervenierenden Variablen versuchte Tolman objektiv zu definieren, z.B. über das Stehenbleiben und Hin- und Herwenden des Kopfes einer Ratte vor einer Verzweigung des Labyrinthes.

Nach Tolman gibt es vier Ursachen für Verhalten:

  • Reize
  • Erbanlagen
  • Übung
  • physiologische Zustände.

Die Wirkung dieser Ursachen auf das Verhalten sah Tolman über intervenierende Variablen vermittelt an, die er als Verhaltensdeterminanten bezeichnete. Dazu gehörten die “capacities”, die von Erbanlagen und Erfahrung abhingen, die “capacities”, die sich auf Situationen und motivationale Zustände bezogen, die sich auf Reiz-Reaktions-Assoziationen beziehenden zielgerichteten Kognitionen und “behavior-adjustments”.

Literaturempfehlung:

Tolman, E.C. (1922). A new formula for behaviorism . Psychological Review, 29, 44-53.


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