Problemlösetraining
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Einführung

Therapieschritte

Indikation

Wirksamkeit

 

Einführung

Die ersten Problemlösetrainings (Problemlösungstherapien) wurden von D´Zurilla und Goldfried (1971) sowie von Platt, Spivack und Swift (1975) - im Zusammenhang mit einem Training sozialer Wahrnehmungen für Schizophrene - entwickelt. Seitdem entstanden eine Reihe unterschiedliche Trainings, die sich in ihrer Struktur jedoch stark ähnlich sind, z.B. die integrative Problemlösungstherapie von Grawe, Dziewas und Wedel (1980) oder die Selbstmanagement-Therapie von Kanfer, Reinecker und Schmelzer (1991). Problemlösetrainings gehören heute zu den Standardverfahren der kognitiven Verhaltenstherapie und können als Gruppen- oder als Einzeltraining zum Einsatz kommen. Selten werden sie allein, sondern meistens in Kombination mit anderen kognitiv-verhaltenstherapeutischen Verfahren angewendet.

Das Ziel der Trainings besteht - neben der Bearbeitung von Problemen der Patienten - vor allem in der Förderung des prozessualen, problemlösenden Denkens. Probleme werden wie in der Allgemeinen Psychologie als Ausdruck unerwünschter Zustände angesehen, die in erwünschte Zustände umgewandelt werden sollen, wobei allerdings nicht bekannt ist, wie die Umwandlung geschehen kann. Die Anwender des Trainings lernen, wie sie die unerwünschten Zustände analysieren und effektiv nach durchführbaren Möglichkeiten suchen, mit denen die Probleme gelöst werden können. Der Trainingsablauf ist interaktiv, d.h. Patienten und Therapeut entwickeln gemeinsam Schritte zur Lösung der Probleme. Die Lösungen werden daher nicht vom Therapeuten vorgegeben.

Obwohl keine speziellen Hilfsmittel zur Durchführung eines Problemlösetrainings notwendig sind, werden in der Praxis oft Tagebücher, Mehrspaltenprotokolle und Selbstkontrollmethoden eingesetzt. Mit diesen Methoden lassen sich Problemanalysen leichter durchführen, Fortschritte beim Erreichen von Zielen objektiver feststellen und weitere Therapieschritte schneller identifizieren.

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Therapieschritte

Klassischerweise gliedert sich ein Problemlösetraining in 7 Schritte.

  1. Problembeschreibung
  2. Problemanalyse
  3. Zielanalyse
  4. Lösungs- und Veränderungsplanung
  5. Ausprobieren der Lösung oder Probehandeln
  6. Bewertung des Probehandelns
  7. Transferplanung

Häufig finden sich im Hinblick auf die Probleme negativistische Einstellungen der Art, daß ein Herangehen an das Problem sofort als sinnlos dargestellt wird. Diese Einstellungen erschweren die Lösung, u.U. machen sie sie gänzlich unmöglich. Daher ist es manchmal notwendig, die Teilnahmer an einem Problemlösetraining zur Durchführung zu motivieren. Aus diesem Grund wird in vielen Trainings dem ersten Schritt eine Informations- und Vorbereitungsphase vorangestellt, in der die Teilnehmer über den Zweck des Trainings informiert werden.

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1. Schritt: Problembeschreibung

Im ersten Schritt (Problembeschreibung) werden Problembereiche eines Teilnehmenden oder aller Teilnehmenden erfragt. Die Aufgabe des Therapeuten beschränkt sich darauf, daß alle möglichen Aspekte der Probleme angesprochen werden. Die Erfragung und Beschreibung der Probleme findet deshalb in erster Linie durch die Patienten statt.

Die Probleme finden sich meistens in Bereichen wie Ehe/Partnerschaft, Familie, Verwandtschaft, Freunde, Behörden, Gesundheit, Freizeit, Wohnsituation, Haushaltsführung. Bei psychiatrischen Patienten, v.a. bei Alkoholikern, finden sich oft folgende Probleme:

  • vernachlässigter Haushalt,
  • problematische Wohnsituation: Obdachlosigkeit aufgrund von Arbeitslosigkeit, Arbeitslosigkeit aufgrund von Obdachlosigkeit.
  • Gesundheit: Vernachlässigung der Gesundheitspflege, Adipositas (auch aufgrund der Medikation), mangelhafte / einseitige Ernährung, substanzbezogene Begleiterkrankungen.
  • Freizeit: Schwierigkeiten, angemessene Freizeitbeschäftigungen finden zu können, angeblich kein Geld (für das Trinken ist aber immer Geld da).
  • Beruf: Überforderung, Unterforderung, Rollenwechsel im Lauf der Karriere.
  • Behörden: Angst (z.B. in Bezug auf komplexe Formulare), mangelnde soziale Fertigkeiten.
  • Finanzen: Überschuldung (z.B. aufgrund des sozialen Drucks, bestimmte Dinge besitzen zu müssen).
  • Freunde: Die „Freunde“ sind meistens auch Alkoholiker; Überzeugung, daß andere Personen über einen tuscheln, daß die Freunde nicht vertrauenswürdig sind; ungenügende soziale Kompetenzen und ungenügende Problemlösekompetenzen (z. B. immer wieder scheiternde Versuche, Freundschaften mit stark unähnlichen Personen zu schließen; zu hohe Ansprüche)
  • Verwandte: Überbesorgnis, abgebrochene Kontakte
  • Familie: finanzielle, zeitliche Belastung oder das Umgehen mit Rolle des Geldgebers in der Familie
  • Partnerschaftsprobleme verschiedenster Art

Die Beschreibung der Problembereiche soll

  • Gedanken
  • Gefühle
  • Verhalten
  • körperliche Reaktionen
  • zwischenmenschliche Beziehungen

miteinbeziehen und möglichst genau hinsichtlich der Art, der Häufigkeit und der Intensität sein. Übergeordnetes Ziel ist es, nach Besprechung eines Problems dieses möglichst in einem Satz zusammenzufassen und zu protokollieren. In der Gruppentherapie werden anschließend Probleme ausgewählt, die genauer analysiert werden sollen.

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2. Schritt: Problemanalyse

Während der Problemanalyse werden die Hintergründe eines ausgewählten Problems erfragt. Dies kann sich in Gruppentherapien anfangs als recht schwierig gestalten, da die anderen Teilnehmer zwar zur Analyse des Problems etwas beitragen sollen, sie aber Schwierigkeiten haben, sich in die Lage des anderen zu versetzen und stattdessen v.a. aus ihrer Perspektive das Problem betrachten. Hilfreich sind deshalb sogenannte W-Fragen:

  • Wie lange besteht das Problem schon?
  • Wie ist das Problem entstanden?
  • Welche Bedingungen halten das Problem aufrecht?
  • Welche Konsequenzen hat das Problem für das Leben des Patienten?
  • Welche Versuche hat der Patient unternommen, um das Problem zu lösen?
  • Warum hat es nicht funktioniert?

Die Hintergründe des Problems werden protokolliert und anschließend in der Gruppe vorgelesen, damit alle sie verstanden haben. Außerdem wird gefragt, ob alles erfaßt worden ist.

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3. Schritt: Zielanalyse

Zur Entwicklung von Problemlösungen ist es unumgänglich, das Problem in Teilprobleme zu zerlegen, für die Teilziele formuliert werden können. Die Teilziele sollen für den Patienten überschaubar und zeitlich befristet sein. Sie müssen konkret sein, damit der Patient erkennen kann, ob er Fortschritte bei der Lösung des Problems gemacht hat. Bei der Auswahl der Teilziele muß zudem darauf geachtet werden, ob die Teilziele unter realistischen Bedingungen erreichbar sind und welche Auswirkungen das Erreichen der Ziele auf das Leben des Patienten hat. Zusätzlich müssen die Teilziele so ausgewählt werden, daß der Patient es auch akzeptieren könnte, wenn ein Teilziel eventuell nicht erreicht wird. Die Zielanalyse stellt daher einen entscheidenden Schritt im Trainingsablauf dar.

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4. Schritt: Lösungs- und Veränderungsplanung

In diesem Schritt werden Lösungsmöglichkeiten für die Teilprobleme erarbeitet. In der Gruppentherapie findet dies oft durch Brainstorming statt. Die Gruppenmitglieder tragen Vorschläge zusammen, mit denen das Teilproblem gelöst werden könnte. Dabei werden die Vorschläge zunächst nicht bewertet, auch wenn sich manche später als undurchführbar oder negativ herausstellen.

Dieses Brainstorming ist oft am Anfang schwierig, da sich die Gruppenmitglieder häufig überlegen, was sie an ihrem eigenen Verhalten ändern würden, und dabei vernachlässigen, daß es um das Problem eines Mitpatienten geht. Der Therapeut sollte aber versuchen, nicht zu viele Vorschläge von sich aus zu machen, da die Patienten in diesem Fall die Tendenz entwickeln könnten, sich bei allen Problemen zuerst an den Therapeuten zu wenden anstatt selbst über Lösungswege nachzudenken. Dies widerspräche jedoch dem Zweck der Therapie, mit der die Patienten in die Lage versetzt werden sollen, ihre Probleme später selbst zu bewältigen.

Nach dem Brainstorming werden die gesammelten Vorschläge nach

  • Durchführbarkeit
  • kurzfristigen Konsequenzen
  • langfristigen Konsequenzen
  • Entstehung neuer Probleme

bewertet.

Am Ende dieses Bewertungsprozesses wählt der Patient, um dessen Problem es geht, eine der vorgeschlagenen Lösungsmöglichkeiten aus. Dabei achtet er darauf, daß diese Möglichkeit durchführbar ist, zu langfristig positiven Konsequenzen führt und keine neuen Probleme entstehen läßt. Außerdem begründet der Patient seine Auswahl mit positiven Argumenten.

Als hilfreich für den Bewertungs- und Auswahlprozeß hat sich eine schriftliche Zusammenfassung der Vor- und Nachteile der Lösungsmöglichkeiten z.B. an einer Tafel herausgestellt. Die Zusammenfassung erleichtert dem Patienten die Auswahl der besten Lösungsmöglichkeit und veranschaulicht den Prozeß der Lösungsfindung. Damit wird es auch einfacher für die Patienten, später selbständig zu Lösungen ihrer Probleme zu kommen.

Pro Trainingssitzung sollte ein Problem behandelt werden, da das Training hohe Anforderungen an die Konzentration stellt.

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5. Schritt: Ausprobieren der Lösungen oder Probehandeln

In diesem Schritt versucht der Patient, die Lösungsmöglichkeit in die Realität umzusetzen. Er kann dies auch mit Unterstützung von Rollenspielen in der Therapiesitzung tun. Wichtig ist es, die Durchführung und die Folgen der Versuche schriftlich oder z.B. auf Video festzuhalten, damit Mißerfolge oder weniger geglückte Versuche analysiert und Verbesserungen vorgeschlagen werden können.

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6. Schritt: Bewertung des Probehandelns

Nach Durchführung des 5. Schrittes wird der Problemlösungsversuch anhand der Aufzeichnungen bewertet. Dabei identifizieren Patienten und Therapeut, welche Aspekte erfolgreich und welche weniger erfolgreich waren, inwieweit Fortschritte in der Lösung des Problems erreicht wurden, welche Auswirkungen die Versuche auf das Leben und Umfeld des Patienten hatte und ob die Vorstellungen des Patienten über die Wirksamkeit des Trainings zutreffend waren. Die Bewertung läuft schließlich darauf hinaus, ob der eingeschlagene Lösungsweg erfolgreich war, noch nicht vollständig erfolgreich war, aber weitergeführt werden sollte, oder wenig erfolgreich und daher aufgegeben werden sollte.

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7. Schritt: Transferplanung

Nach erfolgreicher Durchführung einer Lösungsmöglichkeit für ein Teilproblem überlegen Patienten und Therapeut, welche Aspekte dieser Lösungsmöglichkeit auch zur Lösung anderer Teilprobleme erfolgreich eingesetzt werden können. Dies wird schriftlich in einer Art individueller Problemlösungstheorie (“Wie löse ich erfolgreich meine Probleme?”) festgehalten, so daß der Patient später schnell einen Überblick zur Hand hat, welche Lösungsmöglichkeiten für welche Probleme für ihn speziell erfolgversprechend sind.

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Indikation

Problemlösetrainings setzen ein gewisses Maß an Eigenverantwortlichkeit und intellektueller Leistungsfähigkeit voraus. Allerdings kann das Erreichen von Eigenverantwortlichkeit auch das Ziel einer Trainingsanwendung sein. Potentiell können sowohl Erwachsene als auch Kinder und Jugendliche von solchen Trainings profitieren. Als Indikationsbereiche werden häufig genannt: Angststörungen, Alkoholabhängigkeit, Depression, Panikstörungen, Schizophrenie, mangelnde sozialen Fertigkeiten, Ehe- und Familienprobleme, chronische Schmerzen und Streß.

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Wirksamkeit

Die Wirksamkeit von Problemlösetrainings wurde in zahlreichen Untersuchungen überprüft. Die teilnehmenden Patienten wiesen dabei ganz unterschiedliche psychische Probleme und Störungen auf (u.a. Schizophrenie, Depression, Alkoholabhängigkeit, Agoraphobie, Ehe-, Partnerschafts- und Familienprobleme). Insgesamt kann aufgrund der Therapiestudien den Problemlösetrainings eine sehr gute Wirksamkeit auf die Hauptsymptome der untersuchten Störungen, eine gute Wirksamkeit im zwischenmenschlichen, sozialen Bereich und eine zufriedenstellende Wirksamkeit im Bereich der Persönlichkeit und der Fähigkeiten eingeräumt werden (vgl. Grawe, Donati & Bernauer, 1994).

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